Rider's Cafe, Lübeck
Donnerstag, 15. Februar 2001
So, der Early war nicht verfügbar, also kümmere ich (Maik T) mich nun drum, dass das Innerste nach außen gekehrt wird.
Donnerstag, der 15. Februar, ein sonniger Tag war es. Ich glaub so früh bin ich schon lange nicht mehr wachgewesen, ich musste ja noch `n Beitrag über`n Babysitterkurs für unseren Lokalfunksender Nummer 1, das Hellweg-Radio produzieren. Echt Kacke, wenn man das immer auf`n letzten Drücker macht. Gegen kurz vor zwölf machte ich mich dann mit Sack und Pack auf den Weg zu Mike C. (Kanada), der aber zum Glück schon immer in Soest wohnt. Gerade rechtzeitig, wie ich feststellte, denn die wollten gerade losfahren und mich von zuhause abholen, wo sie mich aber nicht angetroffen hätten. Ditze und Maga - wie immer im Doppelpack - saßen auch schon in Mike C.`s nagelneuem Punto und so ging`s hack-schnack auf die Bahn. Ätzend war die Einhaltung des Rauchverbots in Mike`s Karre, zum Glück musste Maga pissen und wir konnten uns auf `ner Raste hinter Unna den ersten Jochen anzünden.
Es ist nun, denke ich, an der Zeit, Klar Schiff zu machen. Ja, V-LENZ kiffen, und wie, Alder. Und dieses Eingeständnis dient zudem als das letzte Dementi für all die dämlichen Hohlbirnen, die V-LENZ irgendwie mit brauner Suppe in einen Topf schmeißen. Nazis, die kiffen, alles klar. Ich glaub Nazis dürfen auch gar nicht kiffen, oder?
In Bremen ist dann Kruse noch zugestiegen und kurz vor Lübeck bin ich dann anner Raste mit Kruse zu Lenz und Wännä in`n Tannenbaum, wo der zweite Spliff angezündet und mein drittes Pils vernichtet wurde. Die Sonne hatte sich schon lange verabschiedet und während wir ins Lübecker Industriegebiet kamen, wurde ein uraltes Dogma aus der glorreichen ZDF-Hitparadenzeit rehabilitiert: der wilde, wilde Westen fängt nämlich wirklich gleich hinter Hamburg an.
Das Rider`s Cafè, ein Bikerschuppen reinsten Wassers, mit Harleys im Schaufenster, stilechten Nachrufen auf ehemalige Hell`s Angels-Members an der Wand, Billard und Kicker ist echt der ideale Rockerschuppen. Größe genau richtig und wenn man sich die Plakate der Bands, die auch schon dort gespielt haben ansieht, wurde so manche Jugenderinnerung wieder wach, nach dem Motto: Jau, die gab`s ja auch mal...
Der Soundcheck verlief entspannt. Kein Wunder, schlägt man doch im Lexikon unter "Entspanntheit" oder
"luuusch" nach stößt man auf ein Foto unseres Mischers namens Helge. Joggingbuchse, Adiletten, Kickermatte, Schnorres - Kult! Irgendwann trottete dann auch die Supportband namens "Groundox" in`s Cafè. Die Jungs schienen dem ersten Eindruck nach recht okay zu sein, der Bassist klärte mich über seinen Dickdarm auf, den er von seinem Onkel vor 14 Jahren aus der DDR abgestaubt hatte. Actionbass, ein Prezi-Nachbau, hieß das gute Stück - kannte ich bis dato noch nicht. Während die "Groundox" ihren Soundcheck abrissen, beschwerte man sich über die Lautstärke. Dialog: Mischer Groundox zum Rider`s Inhaber: "Alter, das ist Rock`n Roll und kein Modern Talking". Rider`s Inhaber zum Mischer: "Alter, erzähl Du mir nix über Rock`n Roll, ich mach den Laden hier seit 15 Jahren".
Und schon hatte man sich disqualifiziert. Gegen 22 Uhr, nachdem der Freund des Besitzers den Laden betreten und das Publikum somit vollständig war (leider kein Witz), legten die Groundox los, Gitarrist und Bassmann mit silber geschminkten und haarlosen Oberkörpern. Irgendwie unpassend. Im Gegensatz zu den anderen fand ich die Mucke eigentlich ziemlich gut, Alternative-Rock mit schönen Melodien und fähigem Sänger, irgendwo zwischen Spiritual Beggars und Shellproof. Nach dem zweiten Stück ließ es sich der Besitzer des Schuppens allerdings nicht nehmen, die hauseigene Musikanlage aufzudrehen und die Bodenhunde (und auch das Publikum) zu verwirren. Dialog: Groundox-Sänger und Bassmann: "Ist das jetzt`n Rausschmiß?" Besitzer: "Ne, aber ich kann doch ma Mucke machen". Nicht schlecht. Trotz der guten Songs fehlte es den drei Jungs aber erheblich an Charisma, der Frontmann hat sich nicht einmal bewegt, geschweige denn ins Publikum geschaut. Tja, die Revolution kann man halt nicht gewinnen, wenn man die Faust in der Tasche ballt. Der letzte Song war dann noch `n richtig geiler Rocker und das Publikum (also der Kumpel vom Besitzer) forderte wider Erwarten eine Zugabe, die die Jungs aber ablehnten. 0:3 durch Eigentore... Und tschüs.
Showtime V-LENZ. Flexibel wie wir nun mal sind räumten wir die Sofas, die an der Seite standen vor die Bühne, so dass Rentna, Kruse, Maga, Mike C. und Malte, der von Virtual-Volume extra aus Hamburg gekommen und für den wir eigentlich dieses Showcase gespielt hatten, die Show bequem geniessen konnten. Das Set startete wie immer mit den Apo-Versen, weiter ging`s mit "Hauch des Todes", "Schwarze Wünsche" und nach zwei weiteren Songs (welche waren es doch gleich?) sollte Mike C. mit Lenz "Gedankenspiele kicken", doch da hatte unser DAT-Recorder anscheinend keinen Bock drauf, warum auch immer. Also gab`s erst "In Space" und dann die "Gedankenspiele". Neu im Programm war auch "FFF", der jetzt aber "Rocken lassen" heisst, back to da real Hip-Hop will ich ma sagen, einer meiner neuen Lieblingssongs. Das Finale mit "Henker" hätte mich um ein Haar zum lebenden Fanal gemacht, hab ich doch glatt vergessen, dass da noch Pyros zum Einsatz kamen. Schwein gehabt... Als Zugabe gab`s "Fahr zur Hölle", das mir meine letzten Reserven abverlangte und "Die Schriften". Also, resümierend war`s im Prinzip `n echt geiler Gig, zwar ohne wirkliches Publikum, aber egal, doch der Höhepunkt dieses Abends sollte uns noch bevorstehen.
Erschöpft und mit Snacks & Supplies von der Tanke ausgestattet, ging`s dann auf zum Etap-Hotel, wo man weiß, was man hat. Wännä`s und mein Zimmer wurde zur Partyzone deklariert, das Bier floss, die Tüten brannten, Stefan Raab riss seine Zoten und auf dem Parkplatz, wie Dr. Pilze bemerkte, tummelten sich derweil fünf Grünröcke nebst Hunden. O-Ton Andree: "Ha ha, die kommen bestimmt wegen uns..."
Zehn Minuten später waren die Cops schon fast vergessen, als es plötzlich an der Tür klopfte. Nichtsahnend öffnete Rentna die Zimmertür und begrüßte drei Lübecker Streifenpolizisten, die vom süßlichen THC-Smellow, der aus unserer Bude kam eigentlich hätten erschlagen werden müssen. Doch der Grund ihres Besuchs war ein ganz anderer. Die Beamten waren nämlich auf der Suche nach Roxana Gauck. Nachdem wir nachweisen konnten, dass die ganze Posse auf drei und nicht nur auf ein Zimmer verteilt war, musste Maga lediglich noch ihren Perso vorzeigen, der sie einwandfrei als diejenige auswies, die sie ist. Keine Roxana Gauck in unseren Reihen, dafür mordsirritierte Spürhunde, mit sabbernder Lefze. Zum Glück hat Ditze während der Zimmerkontrollen nicht so heftig geatmet, wer weiß, wie sensibel diese Hundenasen waren. Puh,alles noch mal gut gegangen, als Krönung gab`s "Trigger Happy TV", und wir haben uns alle noch mal schreckich gelacht, bevor jeder auf sein rechtmäßiges Zimmer verschwand und für einige Stunden die Döppen schließen konnte. Am nächsten Morgen wurde uns dann nach und nach klar, wer die Ordnungsmacht bestellt hatte. Der gute man hieß Bernd und hatte sein Zimmer auf dem gleichen Flur. So weit ich das jetzt verstanden habe, ist Roxana Gauck eine Computerspezialisten, die sich von Bernd getrennt hat, ihn aber dennoch verfolgt und gleichzeitig verschwunden ist. Lenz ist dann zu Bernd ins abgedunkelte Zimmer gegangen, wo er sich davon überzeugen konnte, dass keine Abhör- und Überwachungsanlage im Radiowecker installiert war, wie Paranoia-Bernd vermutete. Auch die Stimmen, die Bernd hörte und die sich über ihn lustig machten, als er seinen Kaugummi fallen ließ (kein Witz, so hat er`s gesacht), schienen zu verstummen. Sehr suspekt. Aber egal, Sachen gepackt, abgehauen. Als wir uns dann vor`m Hoteleingang versammelten kam Bernd noch mal auf uns zu und beschuldigte Maga, sie sei Roxana Gauck, denn er hätte sie am Piercing erkannt. Aha, alles klar. Doch spätestens als Maga dann den Mund aufmachte, war klar, dass sich keine Computerspezialistin der Welt solch rudimentärer Ausdrucksweisen bedient. Zum Abschied prophezeite uns Bernd noch: "Wir sehen uns auf dem Hamburger Flughafen! Ich finde euch, und wenn nicht dort, dann im Internetcafe!" Armer Bernd... wir sind gar nicht im Internetcafe, wir haben alle einen eigenen Anschluss.
Zum Frühstück im Schweinskeì gab`s jede Menge Ferkeleien (so stand`s zumindest auf der Karte) und für mich Pommes Rot-Weiss, nach`m Saufen einfach die ideale Grundlage. Und, wenn man schon mal so hoch im Norden rumkreucht, muss man natürlich auch zur Ostsee. In der Lübecker Bucht hab ich dann noch ein Muschelchen für mein daheim gebliebenes Häschen gefunden und dann ging`s gegen 16 Uhr heimwärts. Doch erstma ging`s für den Tannenbaum, Wännä, Lenz und mich nach Bremen, um Kruse wieder wegzubringen und einem traditionellen V-LENZschen Habitus zu frönen: Wichsen!
Die erste Wichsbude war zu klein für drei Wichser, also ging`s auf zum "Intimchen", wo jeder von uns einen Heiermann verballert hat. Ich muss allerdings gestehen, dass trotz der Vielfalt der Programme kein wirklich geiler Film dabei war, aber man hat ja Fantasie, doch eine Frage musste ich mir dann während der Bearbeitung meines Lümmels stellen: Warum ist die Umschaltleiste für die Programme eigentlich
immer rechts angebracht? Gibt`s denn wirklich so viele Linkswichser?