John Lennon Talent Award, Kiel, Traumfabrik
Samstag, 28. April 2001
Die Aufschrift GTI war kein Fake haben wir festgestellt und flogen mit durchschnittlich 180 über eine relativ freie Autobahn. Als die Sonne zwischendurch mal durch die Wolken blitzte, bemerkte Andree deprimiert, dass er seine Sonnenbrille vergessen hatte, aber nach meinem Einwurf, dass die Sonne gleich eh wieder verschwindet, erklärte er, dass er damit ja doch eigentlich eher seine dicken Klüsen verdecken wolle und dass das ja auch eigentlich der Grund sein, warum so viele Rockstars Sonnenbrillen tragen. Da musste ich ihm schon irgendwie recht geben, vor allem, weil man die Anzahl der gestrigen Tequilas in Andree's Augen lesen konnte...
Bei einer Autobahnraststätte, die mehr Baustelle aus Rasthof war, musste der durstige Tannenbaum das erste mal nachgetankt werden. Sprinta hatte wieder nur das eine Kopf und las das Schild mit der Aufschrift "Busentsorgung" laut so vor: "Busen - tsorgung". Aber auch die eigentliche Bedeutung dieses Schildes blieb für uns im Dunkeln. Nach dem Tanken regten wir uns über diese hirnrissigen DOTWINS auf, die wir gerade erhalten hatten und Andree missbrauchte so ein Ding dochmal prompt, um den gerade erlegten Mückenkadaver von der inneren Scheibe zu entfernen. Kurz hinter Hamburg setze wieder Lenz' Heimatsensor ein, der jedes mal so ein wohliges Gefühl auslöst, sobald er sich dem Norden und speziell seinem Heimatort Stöfs Nähe Lütjenburg bzw Neustadt nähert.
Aufgrund des Zeitdefizites kamen wir natürlich nicht pünktlich zum Soundcheck an, sondern eher kurz vor Einlass. Beim Einparken markierte Lenz noch lautstark einen Begrenzungsstein (oder der Stein den Wagen) - mit einem ächzenden Geräusch schrappte der da entlang, sodass jeder auf dem Parkplatz übel zusammenzuckte und so ein "oh, fies, das wird teuer..."-Gesicht auflegte. Die Techniker vor Ort bemerkten besserwisserisch "Ihr seid zu spät", als ob wir das nicht gewusst hätten. Wir bauten fix die Turntables auf, während Lenz zwei Takte rappte, dann noch Vocals von Andree, DAT und dann drei Kratzer von den Plattentellern - fertig. Warum ist in so einer Situation nie einer von Guiness-Buch da? Denn sonst hätten wir da auf jeden Fall einen Eintrag als schnellsten Soundcheck der Musik-Geschichte verdient, denn der war nach 90 Sekunden klar. Ok, an dieser Stelle muss man dann auch mal den mischenden Tontechniker loben, denn mit einer Plinse an den Reglern, hätte das nicht so reibungslos funktioniert. Überhaupt war die ganze Veranstaltung sehr professionell organisiert. Danach zogen die Jungs in die gut gefüllte Backstage-Lounge, wohin ich sie auch gerne begleitet hätte, aber wegen der knappen Zeit musste ich mich Leatherman-schwingend an die Pyrotechnik machen. Kaum habe ich ein paar Abschuss-Stationen klar gemacht, kam ein füllig beleibter Kollege mit John Lennon Talent-Award T-Shirt an und stellte sich als Chef-Pyrotechniker vor.
Nachdem er mir verwirrte Fragen über das verwendete Material gestellt und mit einer obligatorischen Lernstunde wegen Sicherheitsabstand und Funkenflug genervt hat, entschied er mal eben so, dass ich an dem geplanten Ort nicht meine Pyros abfeuern könne, weil ich sonst seine auslösen würde. Ich bat ihn, das mit der Veranstaltungsleitung zu klären, oder mir einen Ersatzort anzubieten. Dann aber doch relativ kompromissbereit bot er die Boxentürme links und rechts an und da die Decke in der Traumfabrik so hoch war, dass da noch genügend Abstand war, war das eine Lösung, mit der ich leben konnte. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass ausgerechnet heute im Pyrokoffer das hier bitternötige 15 m-Kabel fehlte und die 10 Meter Dinger einfach nicht ausreichten, um quer über die Bühne verteilt zu werden. Nachdem ich aber noch einen Klinkenadapter gefunden hatte, konnte ich das Kabel entsprechend verlängern und somit auch einen dicken Haken an dieses Problem machen.
So. Endlich war dann auch mal 10 Minuten Zeit, was zu trinken, die Location zu checken und die vielen bekannten Gesichter im Backstage-Raum zuzuordnen.
Hey, war das nicht Heinz Hoenig? Da vorne steht 2rock Moderator Nils von VIVA2, Smudo macht sich gerade über das Essen her und Klaus Meine (der Sänger von den Scorpions) ist in Wahrheit noch einen Kopf kleiner als meine Freundin. Habe ich 10 Minuten gesagt? Lenz sprach plötzlich von einer Änderung und dass V-LENZ schon um kurz nach 8 auftreten sollte. Das bedeutete dann, dass ich nur noch Zeit hatte, mir ein kühles Getränk aus dem Kühlschrank zu schnappen und wieder auf Bühne zu hechten. Ich checkte noch mal gänzlich die Verkabelung auf der Bühne, klebte potentielle Stolperfallen mit Gaffa ab und bereitete mich mental auf die sage und schreibe 2 Songs vor. 2 verkackte Songs. 2 Songs reichen noch nichtmal um warm zu werden. 2 Songs sind unbarmherzig wenig, finde ich, aber Lenz' war natürlich Fan davon, dass es schlussendlich nur so wenig Programm war, denn ohne DeziBel an den Turntables wäre es echt schwierig geworden. Bei den letzten Proben hat Sprinta sich definitv als kompetenter DJ bewiesen, aber das ganze Set wäre eine harte Nuss zu knacken gewesen. Trotzdem ist der Aufwand hier in Kiel für 2 Songs ziemlich unverhältnismässig, was sich aber natürlich durch die vielen Kontakte, die man hier knüpfen kann, relativiert. Da stehe ich also countdown-zählend und an meiner Fanta nuckelnd neben der Bühne und warte drauf, dass es los geht, aber irgendwie kommen da hundert Leute auf die Stage, nur nicht die V-LENZ Jungs. Als dann endlich auch die da sind, geht es aber noch immer nicht los. Lenz vereinbart mit den Moderatoren Andre Dostal vom Radio Schleswig Holstein und Nils Neumann von VIVA2, dass sie doch mal versuchen könnten, bei ihrer Anmoderation die Leute ein Stück näher an die Bühne zu holen. Als dann endlich grünes Licht für den Start der Veranstaltung gegeben wurde, gingen die los und schafften es tatsächlich, die Leute etwas mehr in Richtung des eigentlichen Geschehens zu positionieren. Ausserdem waren Sie sich noch nicht so ganz sicher, was denn nun behämmerter klingt: "Jukebox Hero of the Year Tuussausänd" oder die andere Variante "...of the Year Zweitausend" - ich glaube, sie wählten die die letztere. Nachdem Sie nundenn V-LENZ angekündigt hatten, machten Sie die Stage frei und waren froh, ihre erste Moderation des Abends sauber - im wahrsten Sinne des Wortes - "über die Bühne" gebracht zu haben. Die gnadenlose Rolle als Opener wirkte gar nicht so arg schlimm, denn es standen wirklich eine Menge Interessierter weit vorne und waren gespannt auf das, was sie nun da erwarten sollte.
Lenz ging also gut gelaunt in die Mitte und erklärte nach der obligatorischen Begrüssung, dass der erste Song eben der Gewinnertrack von der angesprochenen Jukebox-Hero-Geschichte sei. "In Space" donnerte aus den Boxen und war schneller vorbei als erwartet. Für das Intro von "Teufelsliebe" begab ich mich in die Startlöcher, indem ich mit MagLite im Mund und Zündschlüssel für die Pyro-Station in der Hand hinkniete und wartete auf die ersten Töne. Der Bass kündigte den Spannungsbogen an - Schlüssel rein, auf "scharf" gestellt, Kanäle aktiviert, Feuerbutton anvisiert - BANG! Beide Seiten haben erfolgreich gezündet. Etwas besorgt schaute ich auf den rechten Boxenturm, weil die Pyro-Verkleidung da in kleiner Flamme vor sich hin kokelte, aber bevor ich Zeug zum Löschen in der Hand hatte, war das Problem schon keines mehr. Ich fing an gelassen die Fire-Station einzupacken, als mir einer der Verantwortlichen noch mal nahelegte, dass ich den Kram gleich fix wieder abbauen müsse. Jaja, sicher sicher, dessen war ich mir wohl bewusst, aber was da von mir verlangt wurde grenzt an ein Wunder. Die Jungs rockten die "Teufelsliebe", DJ Sprinta war gut zu hören und machte seinen Job korrekt. Gerade war sowohl V-LENZ, als auch das Publikum warm geworden, da war alles schon wieder vorbei. Lenz verabschiedete sich von der Crowd und wünschte noch viel Spass am weiteren Abend.
OK, jetzt gehts los, doch plötzlich kam ich mir wie ein schusseliger Läufer vor, der den Start verpasst hat, denn einer nach dem anderen lief an mir vorbei auf die Bühne und sorgte dafür, dass die Kids da unten sich nicht so lange in der Umbau-pause langweilen - ha, wenn es mal wenigstens eine Umbaupause gewesen wäre - das war eine Umbau-MINUTE! Ich wirbelte wie irre über die Stage und stolperte mal über einen Moderator, mal über einen Musiker von "Baff", die gerade von dem Radio-Mann Andre und Viva2-Nils irgendeine Auszeichnung überreicht bekommen hatten. Mein zweiter Vorname war Hektik, mein dritter Stress als die Musiker der nächsten Combo schon hochkletterten und einen Moment später mit ihrem ersten Song anfingen, während ich noch vollgepackt mit Kabeln und Pyro-Stationen mitten auf der Bühne stand. Scheiss drauf, ich kann schliesslich nicht hexen. Ich donnerte gefrustet den Stuff in die Koffer und sah zu, dass der Kram ins Auto kam.
So. Nach der stressigsten Pyro-Aktion der V-LENZ-Geschichte beruhigte ich mich langsam wieder, als ich relaxed im Backstage meinen Teller randvoll mit diversen Köstlichkeiten füllte und ein kühles Getränk erfrischend meine Kehle hinunterfloss. Lenz erklärte, dass nun ein wenig Zeit sei, bis die nächste Hektik-Attacke auf uns zukommen sollte. Ich schlenderte also auch mal ein wenig durch die Gäste, was sich aber als extrem schwer herausstellte, weil der Saal mittlerweile restlos voll war. Der erste Lichtblick nach dem Chaos war die tollste Frau der Welt - meine Freundin - und auf diesen innigen Kuss habe ich mich die ganze Zeit gefreut. Der zweite war auch eine tolle Frau - Heike. Das ist die etwa 50-jährige Nachbarin von Lenz' Haus an der Ostsee, die ich bei einem Urlaub mit Lenz an der Ostsee kennen lernen durfte. Diese Frau strahlt so eine Lebensfreude und Energieaus, dass es jedes mal wie ein Stopp an einer Kraft-Tankstelle ist, wenn man sie trifft. Ich freute mich sehr sie zu sehen und bot ihr freundlich meine Hand zur Begrüssung an, sie aber nahm nicht meine Hand, sie nahm gleich den ganzen Kerl und drückte mich freudestrahlend. Cool. Nach ein wenig Talk verliessen wir Heike und ihre Begleitung, die den Altersdurchschnitt der Veranstaltung rapide nach oben gezogen haben, aber definitiv die lockersten und coolsten Leute vor Ort waren. Der nächste Termin sass uns schon im Nacken - ein Fernsehauftritt beim Offenen Kanal Kiel. Also mussten wir den Talent-Award für eine Weile Talent-Award sein lassen und machten uns auf die Suche nach dem Studio. Beim ersten Versuch sind wir natürlich gnadenlos an der richtigen Ausfahrt vorbeigerauscht, kamen aber dennoch ziemlich pünktlich da an. Irgendwie Ameisenstaat-ähnlich ging es da zu, aber wir hatten auch nichts anderes erwartet. Totales Chaos, was in der letzten Minute aber doch irgendwie ein glückliches Ende nimmt. Wir bauten einen sehr provisorischen DJ-Tisch auf, schmückten ihn mit zwei V-LENZ Plakaten und warteten auf die Ameisenkönigin, die eigentlich eine sympathische, aber auch eine so typische junge kurzhaarige brillentragende Antifa-Öko-Frau war. Nachdem der chaotische Ablaufplan dreimal wieder umgeworfen und umstrukturiert worden war, aber am Ende doch
alles so abgehen sollte wie geplant, hatte sich Andree inzwischen schon halb in die Sängerin der da gerade auftretenden Funk-Rock-Band verknallt. Ein Musiker der besagten Combo lief aufgeregt aus dem Studio und schaute mit hilfesuchenden Blick um sich. Er versuchte krampfhaft die gerissene Seite einer Gitarre zu wechseln, was ihm aber sichtlich schwer fiel, weil er - wie sich dann rausstellte - ja eigentlich Saxophon spielt... Ihm fehlte ein entsprechender Imbus dafür, den ich dann in zwei Handgriffen an mein Leatherman-Tool montiert hatte und ihm chefmässig mit hochgezogener Augenbraue anbot. In seinem Gesicht ging buchstäblich die Sonne auf. Im Handumdrehen war die Gitarre wieder klar und der Kollege wieder glücklich. Dann ging es wieder ganz schnell. Rock-Funk vorbei und Sci-Fi-Funk auf die - na ja, eine Bühne war es nicht...
Wir brüsteten uns bereits im Vorfeld mit dem rekordverdächtigen Soundcheck beim Talent-Award und hatten dementsprechenden Erwartungsdruck auf unseren Schultern lasten, aber der Techniker hier war wohl nicht ganz so weit vorne wir der in der Traumfabrik. Daher wurden aus den 90 Sekunden 3 oder 4 Minuten, die aber trotzdem in die Hall of Fame gehören. Plötzlich zählte der Kollege einen Countdown an und schon waren die auf Sendung. Eine kurze Begrüssung und DJ Handgranate (hey, Sprinta) startete das DAT, das für zwei Sekunden zu hören war und dann war's weg. Nix mehr zu hören. Lenz und Andree signalisierten wild gestikulierend, dass sie doch bitte Monitor-Sound hätten und konzentrierten sich stirnfaltenwerfend darauf den Rythmus zu halten. Ziemlich professionell kriegten die das auch erstaunlich gut hin. Zur Hilfe kam da wohl auch noch das Monitörchen - der kleine eingebaute Vorhör-Lautsprecher im portablen DAT-Player - über den man zumindest erahnen konnte, wo der Song gerade ist. Das waren wohl die längsten 15 Sekunden für Lenz, der auch sichtlich erleichtert dann versuchte abzugehen, wie gut es eben geht auf einem Quadratmeter Fläche, als der Monitorsound endlich wieder da war.
Irgendwie war das schon alles sehr suspekt da und jedes mal, wenn Andree meine grinsende Fresse sah, musste er sich derbe zusammenreissen, damit er nicht auch in einen Lachkrampf verfällt, sondern den Refrain sauber abliefert. Vielleicht haben Sie aufgrund der Kameras diesmal extrem witzige Fressen gezogen, war nett anzusehen *rollabvorlachen*. Sprinta musste sich ausserdem witzig klein machen beim Kratzen, weil der Tisch nicht wirklich eine geeignete Höhe für einen DJ hatte und er war überhaupt diesmal ziemlich minimalistisch unterwegs. Der Track war vorbei und ... ja... äh... Totenstille. "OK, äh, dann kommt jetzt die nächste Nummer" - Lenz versuchte zu retten, was in dieser seltsamen Situation noch zu retten war. Er erklärte, aus welcher Inspiration heraus der nächste Song entstand und kündigte "Teufelsliebe" an. Als auch dieser vorbei war, wusste irgendwie keiner so genau, wie es weitergehen sollte, bis die "Moderatorin" dann Lenz direkt bat, ihr noch ein paar Interview-Fragen zu beantworten. Davon habe ich leider nix mitgekriegt, weil wir fix umbauen mussten, weil gleich wieder die instrumentalisierte Funk-Rock-Band weitermachen sollte. Einpacken, zum Abschied winken und fertig war das Thema. Auf der Rückfahrt bemerkte Sprinta, dass die Windschutzscheibe aufgrund des Tierfriedhofs darauf nicht mehr wirklich freie Sicht auf die Strasse garantierte. Trotzdem kamen wir aber wieder sicher an der Traumfabrik an und stürzten uns wieder ins Geschehen. Weil wir ja die meisten Bands des Abends verpasst hatten, gönnte ich mir ein paar Songs von PUSSYBOX, die den Talent-Award vor zwei Jahren gewonnen hatten und echt gut waren. Die Show, der Sound, die Songs stimmten. Hatte Spass dabei. Zum Ende hin gesellte sich noch Kruse zu mir und wir konsumierten ihre Zugaben, weil die Jury noch ein wenig Zeit brauchte, um eine Entscheidung über den Gewinner zu fällen. Wieder im Backstage ging da VIVA-Nils mit einem Baby auf dem Arm rum und das sah so geschickt und fürsorgevoll aus, dass es eigentlich nur sein eigenes gewesen sein konnte, an dem er das trainiert hatte. Danach lief eine junge Radio-Reporterin aufgeregt und hilfesuchend umher, weil Sie gerne Smudo interviewen wollte, aber einfach keine interessanten Fragen auf Lager hatte. Das konnte Lenz nicht mit ansehen, schnappte sich das Mikro und bot ihr seine Hilfe an.
Also suchte er die nächste Gelegenheit, fragte Smudo höflich, ob er ihm ein paar Fragen stellen durfte und legte nach dessen Zustimmung richtig los. Und das waren keine Bravo-Themen wie "wie lange kennst du eigentlich schon Thomas D" oder "hast du eigentlich eine Freundin"... der konfrontierte den gnadenlos mit heftigen Hinterfragungen zu Judging und Newcomerwettbewerben allgemein. Natürlich war Smudo nicht ein Interviewpartner, den man so einfach aus der Reserve locken kann, reagierte locker und sachlich und hatte auf jede Frage eine entsprechende Antwort. Nach einem weiteren Drink schlenderte ich Richtung Auto, um ein wenig frische Luft zu schnappen. Eigentlich war die Luft alles andere als "frisch" als ich in den Commander-Tannenbaum einstieg, denn da war der Sauerstoff doch stark mit THC angereichert. Drinnen sassen Sprinta, Andree, Lenz und Viva2-Mann Nils und liessen eine jamaikanische Gemeinschaftszigarette rumgehen. Wenn man an manche Beispiele von Viva-Moderatoren denkt, die als Hauptcharaktäre in feuchten Teenie-Träumen wahrscheinlich ziemlich hochnäsig durch die Welt schreiten, wurde man hier aber ganz schnell eines Besseren belehrt, denn Nils stellte sich freundlich vor und bot mir seine Hand zur Begrüssung an, so wie sich das gehört und entpuppte sich als total auf dem Boden gebliebener, korrekter Typ.
Während die Tüte das ein um's andere Mal rumging und Andree von Minute zu Minute immer bekiffter aussah (keine Klüsenverdeckbrille zur Hand...), quatschten wir mit Nils in gepflegter Konversation über VIVA, V-LENZ, das Business allgemein, etc und würden wahrscheinlich da auch noch heute sitzen, wenn nicht ein Handyanruf V-LENZ zurück zur Backstageparty, die mittlerweile voll im Gange war, zitierte, um das versprochene Meet&Greet zu zelebrieren. Nils hatte wohl noch andere Verpflichtungen, verabschiedete sich schonmal und war auf der Backstage-Party entweder gut getarnt oder einfach nicht mehr anwesend. Während sich die Jungs mit den Virtual Volume Leuten gemeetet und gegreetet haben, habe ich mit Kruse an der Theke gestanden und gecheckt, wie das Wort an einen üblen Alleinunterhalter übergeben wurde, der dann mit Elton John Hits und anderen abgestandenen Kamellen die Anwesenden bis in die frühen Morgenstunden nerven durfte. Da zog ich doch lieber das heftig grosse Buffet vor, dass - keine Frage - sehr exklusiv und extrem gut war, aber jedoch mal wieder keiner so richtig an Vegetarier gedacht hat. Also suchte ich mir einen kleinen Snack da raus (mehr war nicht drin) und kuschelte mich an meine Freundin. Als dann auch bei dieser Party so langsam die Luft raus war (es wurde schon langsam hell draussen), brachte ich die Jungs in ihr 4-Sterne-Hotel und musste zusehen, dass ich meine Unterkunft fand. Denn die Freaks von Virtual Volume sind so verwirrt, dass sie wohl nicht wissen, dass für einen professionellen Auftritt einer Band mehr Leute anreisen, als die Musiker, die auf der Bühne stehen. Jedenfalls fehlten da also genug Betten, aber weil ein Ex-Arbeitskollege da nun in Kiel wohnt, sind wir da untergekommen. Man konnte ja nicht ahnen, dass da noch ein paar andere stark alkoholisierte Freunde von ihm noch stundenlang MDR gucken wollten, während sie ihre Pulle Sauren kippten.
Da war ich als Nestbauer gefragt und legte den Küchenboden mit Polster-Teilen aus dem Wohnzimmer aus und versuchte es so gemütlich wie möglich zu machen. Dann bin ich wohl recht fix eingeschlafen und ich hoffe Jennifer auch, obwohl fiese Kopfschmerzen ihr zu schaffen machte. Kaum war ich eingeschlummert, versuchte einer der Schnapsdrosseln nach seinem Gang zum Klo über die Tür-Sprechanlage erfolglos Kontakt mit der Aussenwelt aufzunehmen. Das nächste, woran ich mich erinnere war, dass irgendwann unser Gastgeber Olli in Boxershorts vor uns stand und sichtlich angeschlagen vom gestrigen Abend "Guten Morgen" murmelte.
Dann ging alles ziemlich fix. Nachdem unser Gesicht in den Kontakt mit klaren frischem Wasser gekommen war, konnten wir endlich wieder einen klaren Gedanken fassen und packten unser Zeug zusammen. Als Kruse, Lenz und der Rest auftauchten, musste ich aber wenigstens unseren Herbergsvater zu seinem Auto an der Traumfabrik fahren. Nach Umgepacke von Kruse's in Lenz' Karre drückten wir Rock'n'Roll Kruse zum Abschied und fuhren noch mal an den Anlegestellen und Kai's der dicken Luxus-Fähren im Kieler Hafen vorbei (netter Anblick) und gönnten uns eine Fahrt zu Lenz' Haus an der Ostsee nicht weit weg von Kiel. Hier trafen wir wieder auf Nachbarin Heike, die uns freundlich willkommen hiess und nach ein wenig Plaudern uns kaum wieder fahren lassen wollte. Ausgerechnet in dem Moment, als wir den Strand ansteuerten, wollte uns ein Regenschauer wieder vertreiben und kaum waren wir wieder weg, wurde es wieder schön - Schicksal...
Auf der Rückfahrt schonte Lenz' den Übergangs-GTI wieder keineswegs und auch wenn er bei jedem Stillstand oder Boxenstop die Temperatur der Karre gefährlich anstieg und wir zum Kühlen die Heizung aufreissen mussten, kamen wir in Rekordzeit wieder in heimische Gefilde. Gerädert vom nächtlichen Küchenboden aber glücklich wieder zuhause zu sein, stellte ich aber mit Entsetzen fest - ich dämlicher Trottel hatte vergessen "Star Trek" aufzunehmen... igitt!.